Scheveningen hat sich im Lauf der Geschichte von einem kleinen Fischerdorf, zu einem Stadtbezirk von Den Haag und zum größten Seebad der Niederlande entwickelt. Der 4,5 Kilometer lange Küstenabschnitt ist bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen beliebt. Hier genießen die Besucher das blaue Meer, strahlenden Sonnenschein und den wunderschönen Sandstrand. Dieser ist umsäumt von grasbewachsenen Dünen und bietet unzähligen Meerestieren einen Lebensraum.
Touristen bewundern den Fischerei-Hafen und die lange Strandpromenade mit ihren Shops, Restaurants und Sonnenterrassen. Die Miniaturstadt Madurodam und eine 381 m lange Seebrücke mit einem eigenen Aussichtsturm und dem 40 Meter hohen Riesenrad zählen zu den weiteren Highlights dieses Stadtteils. Das Kurhaus direkt am Strand ist fast 140 Jahre alt und beherbergt das Holland Casino. Dieses bietet seinen Gästen nicht nur ein umfassendes Spielprogramm, sondern auch ein ausgezeichnetes Restaurant. Doch diese Idylle ist bedroht.
Verantwortlich dafür ist die Umweltverschmutzung, ausgelöst durch achtlose Menschen. Sie haben dafür gesorgt, dass der Strand von Scheveningen in Laufe der Zeit von weggeworfenen Zigarettenfilter
förmlich übersät war. Zwei Mitbegründer einer Beratungsfirma in Den Haag haben daher eine technische Lösung entwickelt, die eigenständig den Strand von Zigarettenfilter säubert. Edwin Bos und
sein Kollege Martijn Lukaart bedienten sich dabei einer Technologie, die seit einigen Jahren in den Startlöchern steht und nach Ansicht vieler Experten die Welt in den nächsten Jahrzehnten
erobern wird. Es handelt sich dabei um Roboter, die von Künstlicher Intelligenz (kurz KI) gelenkt werden.
Roboter haben die Menschen seit jeher fasziniert. Schließlich galt es, eine Maschine zu erschaffen, die dem Menschen einerseits ähnelt, andererseits Arbeit abnehmen kann. Der legendäre Androide R2-D2 begeistert seit 1977 alle Fans von „Star Wars“ und gilt bis heute als Prototyp der freundlichen Maschine. Der Roboter in der Nähe von Den Haag erfüllt seine Aufgabe ebenfalls klaglos, doch bis es so weit kommen konnte, ist viel Zeit vergangen.
Schon vor Jahrzehnten beschäftigte sich die Wissenschaft mit Künstlicher Intelligenz. Die ersten primitiven Anwendungen waren in den 1950er Jahren gefordert, den Menschen beim Spiel Dame zu
besiegen. Es sollte fast 40 Jahre dauern, bis es so weit war. Viel schwieriger gestaltete sich da schon die Programmierung von Bereichen, in denen unvollständige Informationen vorliegen und eine Entscheidung daher schwieriger zu treffen
ist. Mit solchen Situationen müssen nicht nur Juristen oder Mediziner, sondern auch Pokerspieler oder Mitarbeiter in der Cybersicherheit umgehen. Künstliche Intelligenz kann hier zukünftig
schneller und sicherer entscheiden.
Bestes Beispiel hierfür ist der Roboter im Operationssaal. Er unterstützt den erfahrenen Chirurgen bei seiner Arbeit und erlaubt einen zehntel Millimeter genaue Eingriffe. Doch der mechanische Helfer ist eben nicht nur in der Hochtechnologie, sondern auch bei scheinbar trivialen Dingen im Einsatz. Dazu zählt die Säuberung eines Strandes.
Der Roboter von Edwin Bos und Martijn Lukaart hört auf den Namen „BeachBot. Der Prototyp hatte bereits im Herbst 2020 während der Umweltschutzaktion World Cleanup Day am Strand von Scheveningen seinen ersten Einsatz. Dort demonstrierte der Roboter erstmals sein Können. Dank Künstlicher Intelligenz kann er sogar Zigarettenfilter finden, die teilweise von Sand bedeckt sind. Im Sommer dieses Jahres soll „BeachBot“ neuerlich zum Einsatz kommen und den Strand von Zigarettenmüll entfernen.
Damit dies in der Praxis funktioniert, haben seine Erfinder den ersten KI-basierten Erkennungsalgorithmus entwickelt. Mit an Bord ist auch die Technische Universität Delft in den Niederlanden.
Gemeinsam wurde „BeachBot“ entwickelt und gebaut. Um seine Aufgabe zu erfüllen, benötigt der Roboter allerdings zunächst die Hilfe von Menschen. Sie bringen ihm seinen Job bei.
Dazu zeigen sie dem System zunächst tausende Fotos von Zigarettenfiltern, die auf unterschiedlichste Art und Weise, in verschiedenem Zustand am Boden liegen können, oder im Sand verborgen sind. Der Roboter speichert diese Fotos und nutzt sie als Basis für die Erkennung. Um eine möglichst breite Datensammlung aufbauen zu können, nutzen die Erfinder eine App. Diese führt die Entwickler der KI mit Fotografen zusammen. User können ihre Fotos auf diesen virtuellen Marktplatz hochladen und erhalten für jedes akzeptierte Bild eine finanzielle Entschädigung. Ziel der Erfinder ist es, rund 2.000 verschiedene Fotos zu sammeln. Diese werden „BeachBot“ helfen, seine Arbeit zu erledigen.
So arbeiten Mensch und Maschine perfekt zusammen. Die ausführende Arbeit, basierend auf den gesammelten Daten, erledigt dann der Roboter. Dazu rollt er auf vier Reifen über den Strand und erfasst mit seinen zwei Bordkameras die nähere Umgebung. Sobald er einen Zigarettenfilter entdeckt, fährt er seine zwei Greifarme aus und entsorgt ihn. So bleibt der Strand sauber und die Umwelt intakt. Mensch und Tier können mithilfe von „BeachBot“ auch weiterhin die wunderschöne Natur von Scheveningen genießen.